2.000 KINDER UND JEDE MENGE SPASS: DAS WAR DIE KINDERSTADT BÄRENHAUSEN 2023

Vielfalt, Demokratie und Nachhaltigkeit: Das alles lernt und erlebt man als Kind auf der Kinderstadt Bärenhausen. Ein besonderes erlebnispädagogisches Projekt der Stiftung Evangelischen Jugendhilfe ist nach einer Corona-Pause endlich wieder zurück in Bernburg.

Die Kinderstadt Bärenhausen hatte zwischen dem 13. und 20. Juli 2023 ihre Tore geöffnet und lockte nicht nur 27 Hort- und Kitagruppen aus dem Umland, sondern auch zahlreiche private Besucher*innen zwischen 6 und 14 Jahren an. Mit insgesamt 2.000 Kindern in 8 Tagen war das Außengelände der Stiftung Evangelische Jugendhilfe, auf dem die Mini-Stadt aus bunten Holzhütten und Pavillons errichtet wurde, stets gut gefüllt.

Oberbürgermeisterin Dr. Ristow übergibt Bärenhausen den Kindern

Schon einige Stunden vor der offiziellen Eröffnung am 13.7. warteten aufgeregte Bernburger Kinder gespannt vor dem Tor, um endlich wieder in ihre geliebte Kinderstadt zu gelangen. Die Vorfreude war spürbar, und das Wiedersehen mit den Lieblingsorten in Bärenhausen sorgte für strahlende Augen und freudige Gesichter.

Bevor es richtig losging, waren am ersten Tag die Sponsoren und Projektpartner der Kinderstadt geladen, denn ohne ihre großzügige Unterstützung wäre das Projekt nicht möglich. Gemeinsam mit den Kindern eröffnete die Oberbürgermeisterin der Stadt Bernburg, Frau Dr. Ristow, traditionell die Kinderstadt. Mit einem symbolischen Scherenschnitt durch das rote Band wurde der offizielle Startschuss gegeben.

Von diesem Moment an eroberten die Kinder Bärenhausen im wahrsten Sinne des Wortes im Sturm, denn die Erwachsenen haben hier keinen Zutritt. Sie müssen draußen bleiben und ihre Zeit in der Elternlounge verbringen. Die Kinder erhalten so die einzigartige Möglichkeit, selbst in einer städtischen Gemeinschaft zu leben und den Alltag eines Erwachsenen spielerisch nachzuspielen.

Sich ausprobieren in 50 Berufen

Beim Arbeitsamt konnten sich die Bewohner*innen Bärenhausens ihren Traumberuf aussuchen. Von Apotheker*in über Polizist*in bis Zeitungsjournalist*in gab es insgesamt 50 Berufe zum Ausprobieren und Kennenlernen. Das verdiente Geld, oder besser gesagt, die verdienten „Tatzen“, die stadteigenen Währung, konnten in der Sparkasse auf einem Sparbuch angelegt oder in verschiedenen Gewerken wie dem Nagelstudio oder dem Fitnessstudio wieder ausgegeben werden. Sogar größere Investitionen sind möglich, indem man sich ein „Startup“ (eine leere, weiße Hütte) als Immobilie kauft. Falls das nötige Kleingeld fehlte, konnten die Kinder in der Volksbank einen Kredit aufnehmen.

Um den jungen Bewohner*innen bei der Ausübung ihrer Berufe und beim Zurechtfinden in der Stadt zu unterstützen, standen den Kindern über 75 jugendliche Helfer*innen im Alter von 15 bis 21 Jahren zur Seite. Zehn der Jugendlichen haben einen Fluchthintergrund und kommen unter anderem aus der Ukraine und Syrien. Eine Sprachmittlerin des Migrationsbereichs der Stiftung war mit vor Ort, um zu unterstützen falls nötig. Ein neunköpfiges Organisationsteam hat die Kinderstadt zehn Monate lang geplant und die Helfer*innen angelernt, die jeweils eines der insgesamt 50 Gewerke leiteten, in denen Berufe gelernt, Waren produziert, verkauft oder gekauft sowie Dienstleistungen in Anspruch genommen werden konnten.

Demokratiebildung mit täglichen Wahlprozessen

In der Stadt, in der die Kinder das Sagen hatten, nahmen diese jedoch nicht nur in den verschiedenen Gewerken aktiv teil, sondern waren auch in allen Verwaltungsbereichen vertreten. Deshalb suchte das Gewerk „Rathaus“ am ersten Tag eine neue Stadtverwaltung, darunter eine*n Bürgermeisterin, die*der für die kommenden sieben Tage regieren sollte. Zusätzlich wurden fünf Stadträt*innen gewählt, die täglich wechseln konnten, um anderen Kindern die Möglichkeit zur politischen Mitarbeit zu geben. Neun Kandidat*innen traten für das Amt des*der Bürgermeister*in in der Kinderstadt an. Die Kandidat*innen hatten jeweils eigene Wahlprogramme sowie großartige Ideen zur Weiterentwicklung der Stadt. Nach ehrgeizigen Wahlkampagnen, bei denen Wahlplakate gemalt und die Kandidat*innen vorgestellt wurden, fand die geheime Wahl statt. Von insgesamt 250 Kindern gaben 170 ihre Stimme ab, eine bemerkenswerte Wahlbeteiligung von 70%.

Die zwölfjährige Enna setzte sich mit 26 Stimmen knapp durch und wurde zur neuen Bürgermeisterin gekürt. Als erste Amtshandlung gab sie den Journalist*innen des stadteigenen “Bärenhausener Kurier” ein Interview und äußerte ihre Pläne, die Löhne zu erhöhen und die Steuern abzuschaffen, was in den letzten beiden Tage auch geschah. In Zusammenarbeit mit den fünf Stadträt*innen hat sie einen ausführlichen Plan zur Stadtentwicklung erarbeitet und beispielsweise einen Kummerkasten für anonymes Feedback der Bürger*innen installiert, welches Ende der Woche ausgewertet wurde.

Weitere Wahlprozesse fanden per Volksabstimmung täglich statt, wie zum Beispiel die Wahl zum schönsten Gewerks, bei dem das Standesamt und das Glaubenshaus, ein Ort für alle Religionen, den ersten Platz belegten.

Das Leben in Bärenhausen: Getreu dem Motto bunt wie ein Regenbogen

Über die Woche ist die Kinderstadt wahrhaft aufgeblüht, was nicht zuletzt an den immer bunter und schöner werdenden Gewerkehütten zu sehen war. Die Kinder ließen gemeinsam mit den jugendlichen Helfer*innen ihrer Kreativität freien Lauf, um das Stadtbild sowie auch die Gemeinschaft der Bürger*innen weiterzuentwickeln.

So veranstaltete das Kulturamt in Zusammenarbeit mit der Musik- und Tanzschule und dem Fitnessstudio täglich ein abwechslungsreiches Programm mit Fußball- und Basketballturnieren, Talent- und Quizshow, Tanzaufführungen sowie einem Theaterstück. Mit dem Preisgeld konnten sich die Kinder leckere Smoothies an der Vitamin Bar, ein Kinoticket, Popcorn oder ein „Blinkie Bug“ aus der Elektrowerkstatt kaufen. Auch Hochzeiten wurden spielerisch vollzogen. Wer noch keine*n Partner*in hatte, wurde in der am Standesamt angeschlossenen Partnerbörse fündig.

Besonders beliebt war das Gewerk „Gärtnerei“, das mit vielen bunten Pflanzen aufwartete, die von regionalen Firmen gespendet wurden. Die Kinder hatten viel Freude daran, sich um die Pflanzen zu kümmern und eine grüne Oase in der Kinderstadt zu gestalten.

Im Laufe der Woche sind auch ein Hochbeet sowie ein Kompost entstanden, hergestellt in unserem Upcycling-Gewerk aus Altholzmaterialen. Auch die Sitzecke für die „Chillout-Lounge“ aus alten Holzpaletten ist fertig und wird bereits zum gemütlichen Bücherlesen im Schatten benutzt.

Für eine saubere und vor allem sichere Stadt sorgten die Stadtreinigung und die Bärenpolizei, die täglich neue Polizeischüler*innen ausbildete, denn die Kriminalität schläft nie. Beispielsweise wurde in Bärenhausen manchmal zu schnell gerannt oder hier und da noch Müll auf den Straßen, neben der Chillout-Lounge oder auf Spielplatz liegen gelassen. Doch es gab auch größere Strafdelikte, so wurden der Sparkasse 3.000 Tatzen aus der Tatzenkasse entwendet. Zum Glück konnte die Räuberbande noch am selben Tag gefasst werden.

So viel Action macht hungrig, deshalb hatten die Gewerke Pizzeria und Bäckerei stets viel zu tun. Am beliebtesten waren die Schoko-Waffeln aus der Candy Bar und die täglich wechselnden Frucht-Smoothies aus der Vitamin Bar. In der Bärenquelle gab es bei teilweise sehr heißen Temperaturen immer genug zu Trinken, rund um die Uhr kostenfrei ohne Tatzen. Auch die Feuerwehr kümmert sich um die Bürger*innen und sorgt für kalte Abkühlungen zwischendurch mit dem Wasserschlauch.

Zum krönenden Abschluss der Kinderstadt lud Bürgermeisterin Enna alle Bewohner*innen zur Versteigerung von Spielsachen und zum Stadtfest ein. Die Arbeit wurde ruhen gelassen und alle versammelten sich auf dem Stadtplatz zur Theateraufführung „Die Sterntaler“. Die Schneiderei hatte dafür die ganze Woche tolle Kostüme aus Reststoffen genäht. Nach einer weiteren Aufführung der Tanz- und Musikschule, wurde die Tanzfläche für alle Kinder eröffnet und ganz Bärenhausen feierte eine große Party.